Christian Stiastny (Interview): Steuern im E-Commerce.

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Christian Stiastny ist Steuerexperte und gibt unseren Leserinnen und Lesern Einblicke in Fragen, die wir ihm gestellt haben. Besonders in den letzten Jahren haben sich durch OSS, MOSS und co. einige neue Herausforderungen aufgetan, in die wir einblicken wollen.

Steuerexperte Christian Stiastny
Steuerexperte Christian Stiastny

Christian: Wer bist du, wo arbeitest du und was führt dich zum E-Commerce?

Ich bin als Tax Manager bei KPMG am Standort Niederösterreich tätig. Uns zeichnet vor allem der gesamtheitliche Beratungsansatz für unsere Klient:innen aus, um gemeinsam die besten Lösungen zu erreichen. Wir sind auch im TGB-Bereich (Tax General Business) tätig. Das heißt, wir beraten sowohl Einzelunternehmern als auch Mittelstandsunternehmen direkt als regionale Steuerberatungskanzlei, können dabei aber jederzeit auf unser fachliches Netzwerk sowohl national als auch international zugreifen.

Die Tätigkeitsschwerpunkte sind dabei sehr vielfältig: von klassischer steuerlicher Beratung, über ERP-Projekte, Jahresabschluss- und Steuererklärungserstellung bis hin zu Digitalisierung und technischer Datenmigration von externen Buchhaltungsdaten. Vor allem letzteres hat mich rasch zum E-Commerce geführt. Eine der wichtigsten Fragestellungen für die (E-Commerce-)Buchhaltung ist: „Wie bekomme ich die Daten von diversen Onlineshops (Shopify, Woocommerce, Amazon etc.) effizient in die Buchhaltung übergeleitet?“

Mit welchen steuerlichen Themen kommen Unternehmen aus dem Onlinehandel auf dich zu?

Es sind vor allem zwei zentrale Themen, die sich neben den Fragen aus der laufenden steuerlichen Beratung herauskristallisieren: Umsatzsteuer-Compliance in der Lieferkette und technische Datenmigration des Onlineshops. Vereinfacht dargestellt: Die Buchhaltung soll viel bieten, möglichst wenig kosten, aber die höchstmögliche Sicherheit in der Umsatzsteuer bieten.
Gerade im Bereich der Lieferketten kann man es als Unternehmer nicht verantworten, beispielsweise mit Dropshipping zu beginnen, ohne sich die Lieferketten anzuschauen.

Wie würdest du das Thema OSS, MOSS beziehungsweise die Lieferschwellen verständnisvoll erklären?

Der EU-OSS – als einer von drei „neuen“ (seit 01.07.2021) One-Stop-Shops (=OSS) – wurde zur EU-weiten Harmonisierung und Vereinfachung eingeführt und ist die für Inlands-E-Commerce relevanteste Anwendung: Alle Unternehmer:innen, welche an Nichtunternehmer:innen mit Sitz außerhalb Österreichs Waren, aber auch Dienstleistungen verkaufen, müssen sich die Frage stellen, welchen Umsatzsteuersatz sie zur Anwendung bringen.

Bisher war es so, dass sich Versandhändler ab einem bestimmten Umsatz in einem Zielland (z. B. für Deutschland EUR 100.000) direkt vor Ort registrieren mussten – inklusive aller damit verbundenen Aufwendungen: Beauftragung einer Steuerberatung vor Ort, Abgabe von lokalen Umsatzsteuervoranmeldungen etc. Mit der Neuregelung hat sich das System dahingehend geändert, dass die einzelnen Lieferschwellen pro Land gefallen sind und man sich damit ab dem ersten Umsatz (Ausnahme für Kleinstunternehmen mit einem grenzüberschreitenden Versandhandelsumsatz von unter EUR 10.000 pro Kalenderjahr) in jedem Zielland registrieren muss.
Die Vereinfachung sieht nun vor, dass man sich einmalig in dem Sonderverfahren EU-OSS im Mitgliedsland der Identifizierung (in der Regel Österreich) registriert. Mit dem Sonderverfahren erspart man sich die Registrierung in jedem einzelnen Land. Man muss nur die ausländische Umsatzsteuer (des Ziellandes) verrechnen und einheben.

Die so gesammelten Umsatzsteuerbeträge sind dann quartalsweise an das Mitgliedsland der Identifizierung (in der Regel Österreich) zu melden und zu bezahlen. Grundsätzlich klingt das einfach, jedoch nur oberflächlich: Die Frage der Entstehung der Steuerschuld, korrekte Lieferketten (Stichwort Dropshipping), Korrekturen von Meldungen und die Geltendmachung von Umsatzsteuergutschriften sind beispielsweise Teilbereiche, die durchaus komplex werden können.

Was wäre dein Praxistipp für viele Onlineshops?

Selbstverständlich ist der Umsatz für einen startenden Onlineshop essenziell. Wir empfehlen dennoch dringend, sich zu Beginn die Zeit zu nehmen, mit einem Steuerberater zwei Dinge zu überlegen: Wie sind die eigenen Lieferketten (umsatz)steuerlich zu beurteilen? Und welches technische, skalierbare Set-up kann man treffen, damit man von Anfang an die Buchhaltungsfragen geklärt hat und sich auf sein Kerngeschäft konzentrieren kann?

Abschließende Frage: Was hättest du gerne vorher gewusst in dieser Branche? Was waren deine Learnings der letzten Jahre?

Ich lebe den Praktikeransatz. Lange sich mit der Theorie aufzuhalten ist in der schnelllebigen Branche des E-Commerce nicht der sinnvollste Modus Operandi. Daher wäre es wahrscheinlich cool gewesen, wenn ich selbst die Zeit gefunden hätte mich hinzusetzen und einen eigenen Onlineshop mal auf Shopify zu bauen. E-Commerce ist eine sehr schnelllebige Branche, wir müssen als Berater also immer up to date bleiben, um uns in die Anforderungen der einzelnen Onlinehändler hineinversetzen und treffsicher beraten zu können.

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